Und dann war ich kurz vorm Explodieren…

 
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Nach einer gewissen Zeit in meiner Gesprächstherapie war das Vertrauensverhältnis zu meiner Therapeutin so gewachsen, dass ich mir mein schambepacktes Geldthema mit ihr ansehen wollte. Ich erstellte in aufwändiger Kleinstarbeit eine Liste meiner tatsächlichen Ausgaben und Einnahmen. Lebensmittel, Katzenfutter, Zigaretten, Sport, Autokosten etc. Und eine extra Spalte mit den Einsparpotentialen bei jedem Punkt. Ich fühlte mich ein, spürte, ob und wie schwer es mir fallen würde, zu verzichten und markierte die Punkte dementsprechend.

Mit gemischten Gefühlen überreichte ich ihr in der nächsten Stunde die Liste, um sie mit ihr durchzugehen und Lösungen zu finden. Scham, Angst, mich klein fühlen, Trotz, Unsicherheit… alles war da.

Gedanken wie: „Was, wenn Sie total geschockt ist, über die hohen Summen?“ „Was, wenn sie geschockt ist, es mir aber nicht sagt, ich es aber in ihrem Ausdruck erkenne?“ „Was, wenn sie mich verurteilt?“ „Was, wenn sie sagt, dass ich es als einzige nicht im Griff hab?“

Wir gingen gemeinsam durch die Liste und ich schilderte ihr meine Gefühle. Beim Punkt Zigaretten sagte ich laut und deutlich: „Hier kann und möchte ich nichts einsparen. Das packe ich im Moment nicht.“

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Daraufhin sagte sie laut und deutlich: „Für so einen Dreck so viel Geld auszugeben, da reden wir jetzt drüber!“ BAMM!

Ich begann innerlich zu kochen. Ich merkte wir mir die Wut ins Gesicht schoss: „Wie konnte sie nur?“ Das Thema wollte ich mir nicht ansehen. Ich wollte mir mein Geldthema ansehen und das in den Griff bekommen. (Wir sprechen hier von 200 €/Monat für Kippen!)

Sie hakte nach, dass sie eine Adresse einer Hypnosetherapeutin hat, mit der eine Klientin auf 1-2 Zigaretten am Tag runter ist.

Und ich kochte noch mehr.

Sie: „Und ein Kollege gibt Raucherentwöhnungskurse, Gruppe und Einzel, die von der Kasse bezahlt werden. Diese Adresse such ich Ihnen auch raus.“

Jetzt war ich kurz vorm Explodieren. Ich konnte kaum mehr klar denken, sie hatte mich an einem meiner wundesten Punkte erwischt.

Das war das letzte, was ich wollte!

Ich ging kochend nach Hause und konnte nicht mehr aufhören, daran zu denken. Daran, dass ich schon seit langer Zeit jeden Abend ins Bett ging mit dem Gedanken: „Morgen früh greifst du nicht als erstes nach dem Aufwachen zur Zigarette, sondern wartest, bist du gefrühstückt hast.“ Daran, dass ich jeden Tag dachte: „Und heut Abend rauchst du nicht kurz vorm Schlafen gehen (im Bett!!!) die letzte Zigarette.“

Um immer und immer wieder zu versagen, jeden Tag aufs Neue mich dafür zu verurteilen, dass ich es nicht schaffe, dass ich süchtig bin, dass ich eklig rieche, dass ich meine Katzen zwar mit hochwertigem Biofutter füttere, aber im Gegenzug den ganzen Tag zu qualme und ihre Gesundheit gefährde, dass ich eine Versagerin bin.

Ich fühlte mich jeden einzelnen Tag mies!

Ein paar Tage später, als ich mich ein wenig beruhigt hatte, kam eine Email von meiner Therapeutin (was sie bis jetzt noch nie gemacht hatte!) mit den Worten: „Ich weiß, penetrant penetrant, hier sind die beiden Adressen und nächstes Mal sprechen wie wieder darüber.“

Und ich kochte wieder.

Das Ende vom Lied war, dass ich 4 Monate später nicht mehr rauchte.

Nach 20 Jahren - ich war von meinem 15. bis zu meinem 35. Lebensjahr abhängig von diesem „Dreck“- war ich endlich frei davon.

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Und nur, weil meine Therapeutin mir eine Grenze setzte.

Eine Grenze:

  • die ich von meinem Eltern nie bekommen habe. (Mein Vater rauchte selbst und meine Mutter früher)

  • nach der ich mich so sehr sehnte und die ich unbewusst immer wieder versuchte zu provozieren.

  • die mir den nötigen Respekt vor meiner Therapeutin /aka Mutter verschaffte.

  • die mich erwachsen werden ließ.

  • die mich entspannte, weil ich wusste, bis hierhin und nicht weiter.

  • die mir ein Bewusstsein für meine Gesundheit schenkte.

Durch ihre Penetranz und die Wut, die sie in mir schürte, die Unmengen an Energie freisetzte, rief ich kurz darauf den Therapeuten an, um die Entwöhnung anzufangen, so lang ich noch in dieser Energie, in diesem Drive war. Nachdem aber die nächste Gruppe erst 2 Monate später begann, entschloss ich mich sofort mit einer Einzeltherapie anzufangen (die mich ca. 400 € Selbstbeteiligung kostete).

War es einfach aufzuhören? Nein, es war die Hölle! Ich konnte nichts mehr unterdrücken an Gefühlen und ging mit Hilfe meiner Therapeutin durch tiefste Prozesse. Die mich befreit haben.

 

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Hat es sich gelohnt? Ja. Mehr als das!

  • Ich hab mir seitdem runde 28.000 € gespart.

  • Ich rieche gut.

  • Meine ganze Wohnung riecht gut.

  • Mein Geschmacks- und Geruchssinn ist phänomenal.

  • Meine Lunge ist frei und ich huste nicht mehr.

  • Ich bin nicht mehr so oft krank.

  • Ich sehe nicht mehr grau aus, sondern rosig.

  • Meine Haut ist toll.

  • Ich habe kein schlechtes Gewissen mehr.

  • Und ich konnte in mir aufräumen! Seelenputz vom Feinsten.

Und das Beste: Der Stolz auf mich, das aus eigener Kraft geschafft zu haben, ist unbezahlbar. Ich habe seitdem keinerlei Lust mehr auf Zigaretten.

Ich bin meiner Therapeutin unendlich dankbar, dass sie mir diese Grenze gesetzt hat. Obwohl sie Bedenken hatte, das zu tun (Tiefenpsychologen lernen eine weiße Wand zu sein, so dass die Klienten selbst auf ihre Themen/Lösungen kommen. Sie sind nicht direktiv oder setzen Grenzen).

Das war einer der befreiendsten und erinnerungswürdigsten Momente aus meiner Therapie.

Was ich daraus gelernt habe:

  • Gesunde Grenzen gesetzt zu bekommen ist unendlich wichtig. Ein Kind lernt daraus, sich selbst zu spüren. Zu spüren, was gesund und was nicht so gesund ist. Es lernt, verantwortungsvolles Handeln. Für sich selbst und mit anderen.

  • Grenzen geben Sicherheit und Halt. Halt in mir und Halt in der Welt.

  • Wer gesunde Grenzen erfahren hat, überschreitet diese kaum. Bei sich selbst und anderen.

  • Wer gesunde Grenzen erfahren hat, kann leicht Ja, Nein und Stopp sagen.

  • Ich darf als Therapeutin Grenzen setzen. Ich sehe das sogar als meine Verantwortung an, darauf hinzuweisen, wenn ich sehe, dass eine Klientin sich selbst schadet.

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So nun zu dir.

  • Was sind Angewohnheiten oder Süchte in deinem Leben, die dich schon lange nerven, bei denen du aber große Widerstände spürst, sie loszulassen? (Fernsehen, Essen, Putzen, Alkohol, Zigaretten, Sex, Social Media, Jammern, Drama, Shopping, Arbeiten, Sport...)

  • Wo setzt du dir /die Erwachsene in dir keine Grenzen, wo sie nötig wären?

  • Was wäre eine Angewohnheit, die du jetzt loslassen möchtest?

  • Wie würdest du dich fühlen, wenn du es aus eigener Kraft schaffst, diese Sucht loszulassen?

  • Wie würde dein Leben aussehen, wenn du dich befreit hast?

Als kleiner Hinweis: Ich bin keine Suchtherapeutin. Dafür gibt es Spezialisten. Aber ich kann dich als Expertin bestens bei all den unterdrückten Gefühlen unterstützen, die hochkommen.


Ich freue mich von Herzen auf dich!
Elke


Text: © Elke Hannig Fotos: Pexels red-and-orange-fire-1558916 Unsplash drew-hays-hdGyEhAMYdo Pexels beautiful-sky-875858 Pexels underwater-photography-of-woman-1463924 
 
 
 

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    Elke Hannig2 Comments